Flussmmittel zum Tauchlöten

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nKahnt
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Flussmmittel zum Tauchlöten

Beitrag von nKahnt » Do Feb 26, 2009 2:05 pm

Guten Tag,

im Rahmen meiner Diplomarbeit untersuche ich das Verhalten von Metallisierung in flüssigem Lot (alles Bleifrei). Hierzu sind mittels Dickschichttechnik Leitpaste (Ag, Ag/Pt und Ag/Pd) auf Al2O3-Substrate aufgebracht worden, welche jetzt im Tauchlötverfahren mit SnAg3Cu0,5 weiter behandelt werden sollen.
Ich habe die Flussmittel "KOLO 500-6 B" und "EasyFlux EF350" von Stannol zur Auswahl. Das Flussmittel soll auch im Tauchverfahren aufgebracht werden.

Jetzt zu meinen Fragen:
Welche Unterschiede gibt es zwischen den beiden Flussmitteln und welches eignet sich für meinen Versuchsaufbau?
Innerhalb welchen Zeitraums nach dem Aktivieren des Flussmittels (mittels Strahlungswärme) muss das Löten vollzogen werden? Muss das Substrat "heiß" in das Lotbad?

Ich würde mich über eine Antwort sehr freuen.

Vielen Dank

N. Kahnt

Jens Gruse
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Beitrag von Jens Gruse » Do Feb 26, 2009 2:33 pm

Hallo Herr Kahnt!

Beide Flussmittel sind für diese Lötverfahren geeignet, der Unterschied liegt eine wenig in der Aktivität und der Zusammensetzung. Das 500-6B ist das etwas schwächere Flussmittel, dass aber aufgrund seines höheren Harzanteiles thermisch etwas stärker belastete Prozesse, wie z.B. eine hohe und lange Vorheizung, verträgt. Das EF350 ist ein geringfügig stärkeres Flussmittel, das wesentlich weniger Harz enthält. Daher wird hier auch die Rückstandsmenge auf Ihrem Al2O3 Substrat geringer sein.

Eine Hauptaufgabe der Vorwärmung ist es, die leichtflüchtigen Lösemittel aus dem Flussmittel zu verdunsten zu lassen, damit diese beim Eintritt in das flüssige Lot nicht explosionsartig verdampfen. Eine sogenannte "Aktivierungstemperatur" gibt es bei einem Flussmittel nicht wirklich, die chemische Reaktion läuft erstmal bei jeder Temperatur ab, je höher, desto schneller. Ab ca. 80-90°C in einer Vorheizung wird ein Flussmittel merklich anfangen, die Oxide vom Lötgut zu entfernen. Diese Temperatur sollte eine kurze Zeit gehalten werden. Das ist aber nicht zwingend notwendig, wie wir es bei vielen selektiven Lötprozessen sehen können, die mit sehr schwachen Vorheizungen ausgerüstet sind. Wenn ein Flussmittel z.B. bei Raumtemperatur aufgebracht und getrocknet wird, so dass ein Film auf dem Lötgut vorliegt (z.B.500-6B), kann das Lötgut durchaus einige Tage liegen bleiben, bevor gelötet wird. Die zweite Hauptaufgabe der Vorwärmung ist es aber, das Lötgut einheitlich vorzuwärmen, damit der Temperatursprung bei Eintritt in das flüssige Lot nicht allzu groß ist. Dies ist wichtig für verschiedene Bauteile, aber besonders bei Keramik, die sehr schnell zum Springen neigt. Daher würde ich es schon im Sinne des Lötgutes empfehlen, eine gute Vorheizung zu verwenden.
Freundliche Grüße

Jens Gruse
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nKahnt
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Beitrag von nKahnt » Mi Mär 11, 2009 12:47 pm

Hallo Herr Gruse,

ich habe jetzt die ersten Tauchlötversuche durchgeführt, und habe dabei schon nach 3s Tauchzeit fast eine komplette Ablösung der Metallisierung feststellen müssen. Ich habe das Flussmittel 500-6b aufgetragen und im Anschluss für 10min bei 120°C im Wärmeschrank aktiviert. Danach wurde das Tauchlöten durchgeführt. Um den Einfluss der langen Aktivierung zu Prüfen, habe ich eine Probe in das Flussmittel getaucht und es ohne Aktivierung gelötet, das Ergebnis ist identisch. Eine weitere Probe wurde ohne Flussmittel getauch, wobei die Benetzung erwartungsgemäß schlecht ist und nur eine dünne Lotschicht auf der Metallisierung verbleibt. Dieser Tauchversuch ohne Flussmittel wurde auch mit Tauchlötzeiten von 10s durchgeführt und auch hier sind keine Auflösungserscheinungen zu erkennen. Nun meine Frage.

Ist es möglich, dass das Flussmittel diese Auflösungserscheinungen hevorruft, oder eher dass es die (normale) Auflösung der Metallisierung im Lot so sehr beschleunigt?
Was macht das Flussmittel genau? (Oxide entfernen, aber wie?)

Ich wäre für Ihre Hilfe sehr dankbar

N. Kahnt

Jens Gruse
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Beitrag von Jens Gruse » Mi Mär 11, 2009 1:58 pm

Hallo Herr Kahnt!

Das Flussmittel entfernt die Oxide über den folgenden Reaktionstyp:

Metalloxid + Säure = Metallsalz (der Säure) + Wasser (das bei Vorheizung verdunstet)

Es findet keine Auflösung der reinen Metalle statt, dazu benötige ich in der Regel stark dissoziierte Säuren wie z.B. konz. Salzsäure. Die Säuren, die in den Flussmitteln verwendet werden, sind org. Carbon bzw. Dicarbonsäuren, die recht schwache Säuren sind (schwach dissoziiert).
Wenn aber die Oxidschichten von der Metalloberfläche des Lötgutes durch die schwachen Säuren effektiv entfernt worden sind, findet die Ablegierung des Metallisierung immer durch das flüssige Lot statt. Hier wirkt das Zinn als Lösemittel Ihrer Ag/Pt bzw. Ag/Pd Metallisierung. Das ist ja auch der Grund, warum beim Löten immer Zinn zum Einsatz kommt. Durch die hohe Auflösegeschwindigkeit wird dadurch immer die intermetallische Phase aus Sn und dem Lötgut (meist Cu) gebildet, die Grundvoraussetzung für eine gute Lötstelle ist. Besonders die bleifreien Lote mit dem hohen Zinnanteil sind bekannt für Ihre schnelle Ablegierung aller anderen, benetzbaren Metalle.
Folgende Möglichkeiten sehe ich hier, um die Ablegierung zu reduzieren, vielleicht muss man alle Möglichkeiten auch miteinander kombinieren:

- Reduzierung der Temperatur des Tauchbades auf die geringstmögliche Temperatur, bei der die Benetzung stattfindet
- Reduzierung der Eintauchzeit (die Benetzung sollte bei der von Ihnen beschriebenen Vorheizung recht schnell ablaufen, ca.~1-2 sec)
- Verwendung eines mikrolegierten Lotes aus der STANNOL FLOWTIN Serie. Diese Lotserie ist mit weiteren Metallen dotiert, die einen sehr großen Effekt auf das Ablegieren vom Metallisierungen von Bauteilen im Lot aufweisen. Details zu dieser FLOWTIN Serie finden Sie auf unserer Homepage, gerne stehe ich Ihnen auch telefonisch mit Rat und Tat zur Verfügung, meine Daten finden Sie ebenfalls auf unserer Homepage unter
http://www.stannol.de
Freundliche Grüße

Jens Gruse
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