Matte Lötspitze, Lötzinn perlt ab

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Daniel
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Matte Lötspitze, Lötzinn perlt ab

Beitrag von Daniel » Di Apr 26, 2005 11:23 pm

Guten Tag

Seit kurzer Zeit bin ich auf bleifreies Löten umgestiegen. Ich arbeite nun mit einer Weller WS81 Lötstation und benutze Stannol HS10 Lötzinn. Die Löttemperatur beträgt 380°C. Die Legierung ist Sn95,5Ag3,8Cu0,7.

Nach mehreren gelungenen Lötvorgängen, wurde die Lötspitze jedoch immer matter bis sie schliesslich ganz dunkel war und sich nicht mehr benetzen lies. Das Lötzinn schmilzt dann zwar noch, aber es perlt ab und ein professionelles Löten ist nicht mehr möglich.

Beim Löten einer alten, vermutlich vernickelten (?), 4 mm Buchse, konnte ich förmlich zusehen wie sich die Lötspitze schwarz verfärbte und das Lötzinn perlte nur noch ab. Dank einer Ersatzspitze konnte ich wieder mehrere Tage weiter löten, aber jetzt ist auch diese wieder matt und ich bin ratlos. :(

Für die Lötspitzenreinigung verwende ich Leitungswasser und ein Baumwolltuch. Ist Ihnen diese Art Oxidation (?) bekannt.

Mit freundlichen Grüssen
Daniel
Zuletzt geändert von Daniel am Mo Sep 05, 2005 11:13 am, insgesamt 1-mal geändert.

Herbert Schmidt
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Beitrag von Herbert Schmidt » Do Apr 28, 2005 7:43 pm

Hallo Daniel,

das von dir beschriebene Problem ist typisch für den bleifreien Handlötprozess.

Der hohe Zinnanteil in den bleifreien Loten wirkt sehr agressiv auf die Lötspitze. So bildet sich schon nach kurzer Zeit eine nicht oder nur schwer benetzbare Oberfläche. Die Schwarzfärbung entsteht durch verkohlte Flussmittelrückstände.

Eine Reinigung mit einem feuchten Tuch ist vom Ansatz her schon ok. Für eine gute "Neuverzinnung" der Spitze ist das Flussmittel im Lötdraht aber zu "schwach".

Daher empfehlen wir zusätzlich die Verwendung unseres "Bleifrei Tippy". Dies ist ein spezieller Lötspitzenreiniger für die bleifreie Handlötung, der die Lötspitze zum einen reinigt und zum anderen auch gleich wieder neu verzinnt.

Damit bleibt die Spitze länger "frisch" . Zudem erhöht sich die Standzeit der Spitze insgesamt.

Im Detail kannst du diese Aspekte auch in unserem Anwenderhandbuch
Ecoloy Bleifrei nachlesen.

Ich hoffe ich konnte deine Frage ausreichend beantworten.

Gruß

Herbert

Daniel
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Beitrag von Daniel » Fr Apr 29, 2005 12:02 am

Hallo Herbert

Vielen Dank für die rasche Antwort.

Etwas erstaunt bin ich, dass die schwarzen Spitzen typisch sind beim bleifreien Löten. Mein Distributor in der Schweiz weiss von nichts! und rät gar eine Temperatur von 420°C statt 380°C einzustellen. Auch bin ich nicht sicher, ob bei ihm der Lötspitzenreiniger "Bleifrei Tippy" erhältlich ist.

Das Dokument "Ecoloy Bleifrei" war mir sogar bekannt, aber da steht so vieles Interessantes drin, dass ich die schwarzen Lötspitzen übersehen habe. Übrigens eine gute Web-Seite der Firma Stannol und super Dokumentationen. Bravo und vielen Dank.

Kann man eine bereits schwarz oxidierte Lötspitze wieder reinigen?

Gruss
Daniel

Gast

Beitrag von Gast » Fr Apr 29, 2005 8:42 pm

Hi Daniel!

Der Distributor in der Schweiz, der 420°C statt 380°C Lötspitzentemperatur empfiehlt, möchte wohl nur noch ein paar mehr Lötspitzen verkaufen.......das bringt gar nichts. Ich würde eher versuchen, die Temperatur soweit wie möglich herunterzunehmen (350-360°C, das geht mit dem HS10) und die Lötstation nur dann auch in Betrieb zu nehmen, wenn ich auch wirklich löten muß. Das spart Strom und Lötspitzenverbrauch. Am besten immer eine größtmögliche Lötspitze zur bestmöglichen Wärmeübertragung nehmen, das hilft auch.
Mit dem Tippy habe ich bisher gute Erfahrung gemacht (in bleihaltig, muss mir mal ein bleifreies besorgen, wenn es die jetzt gibt)

Grüsse
Wolfgang

Herbert Schmidt
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Beitrag von Herbert Schmidt » Di Mai 03, 2005 11:25 am

Hallo Daniel, Hallo Wolfgang,

ich kann Wolfgang hier zustimmen. Die hohen Temperaturen sind eher kritisch. Bei professionellen Lötern ( innen ) die nach Stückzahlen löten, werden zwar häufig so hohe Temperaturen verwendet, für den " Heimgebrauch " sollte man darauf aber besser verzichten. Bei nicht so geübter Hand hat man schnell ein Bauteil verbruzzelt oder aber die Leiterbahn von der Leiterplatte delaminiert. Also wie gesagt eher etwas niedriger mit der Temperatur.

Die Lötspitzen sollten sich, wenn Sie noch so neu sind, bestimmt reinigen lassen.

Das Bleifrei Tippy ist im Handel noch nicht erhältlich. Wenn ihr mir eure Adressen zukommen laßt ( Mailto:Herbert.Schmidt@stannol.de ) können wir euch ein Muster zukommen lassen.

P.S. Danke für das Lob über die Webseite.

Daniel
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Beitrag von Daniel » Sa Mai 07, 2005 12:43 pm

Hallo Herbert und Wolfgang

Vielen Dank für die interessanten Informationen. Es scheint sich für mich eine Richtung beim Löten ohne Blei abzuzeichnen. Es zeigt sich aber auch, dass das Umstellen auf bleifreies Löten doch nicht so problemlos ist.

Ich habe mich noch bei zwei weiteren Firmen erkundigt und deren Antworten möchte ich hier weitergeben. Man sieht auch hier, dass es noch etlichen Spielraum für Interpretationen gibt, doch jetzt kann ich viel gezielter vorgehen und bin allen sehr dankbar. :)

Gruss
Daniel


… der Effekt kommt daher, dass Ihre Lötspitze mit dem Lot legiert und dabei eine sogenannte Intermetallische Phase bildet, die sehr schnell oxidiert und dann nicht mehr lötbar ist. Das ist zwar auch schon bei verbleiten Loten geschehen, ist aber bei den bleifreien Loten wesentlich ausgeprägter. Um die Oxidation zu verhindern sollten Sie auf keinen Fall das Lot mit einem Tuch von der Lötspitze entfernen. Die Verzinnung schützt vor Oxidation. Wenn Sie eine Spitze haben, die nicht mehr lötbar ist, reinigen Sie sie mit einem feinen Schmirgelpapier und verzinnen sie so schnell als möglich. ...


… Sie haben viele Fragen im Zusammenhang mit „bleifrei“, da sind Sie nicht der Einzige !
Grundsätzlich gilt: Bleifrei ist viel agressiver und macht die Spitze schneller kaputt.
Verschiedene Faktoren spielen eine Rolle:
• Reinigen
- Schwamm, leicht benetzt (sehr nass + kalt = Temperaturschock > Mikrorisse > Spitze ist defekt !)
- Tip-Activator (führen wir im Programm, regeniert die Spitze)
- Spitze sollte immer mit Zinn benetzt sein
• Temperatur
- So tief wie möglich, über 370 Grad ist normal schon zu hoch (wenige Grade machen viel aus – testen )
- Spitze so kurz und so dick wie möglich
- Auch im Standbetrieb wird die Spitze verbraucht, sobald der Liquidus erreicht ist
• Oxidation
- Wird durch obige Faktoren mitbestimmt
- Eine tote Spitze lässt sich nicht mehr beleben (vorher pflegen)
• LF-Spitzen „bleifrei“
- Die Spitzen sind seit 2004 erhältlich
- Beschichtung ist ca. 400my statt 200my
- Standzeit länger
- Preise höher
- Benetzung leicht geringer
- Wenn Sie nicht automatenlöten haben LF-Spitzen für Sie nicht wesentliche Vorteile
- Mit allen Spitzen kann bleifrei gelötet werden – Unterschiede siehe oben
- LT-B ist und bleibt deshalb Standardspitze – eine Spitze ist etwas kundenbezogenes
- Spitzenwahl: ca. so breit wie das Lötauge – siehe auch Punkte unter Temperatur

***

ToTo
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Lötspitze reinigen...

Beitrag von ToTo » Fr Jul 10, 2009 3:10 pm

Hallo,

habe nun auch einige Jahre meine Erfahrungen mit bleifreiem Lot gemacht...
Den Nachteil der matten Spitzen habe ich bis vor kurzem auch mit "Stannol-Tippy" behoben.

Seit ein paar Wochen benutzen wir für alle handgeführten Stationen, (Weller WTCP) die Reinigungsablagen "Dry Cleaner WDC 2".
Diese haben eine Art Stahlwolle die die Spitzen zwar reinigen aber anders als mit dem nassen Schwamm einen Film des Lötzinns auf der Spitze zurücklassen.

Die Standzeiten der Spitzen haben sich dadurch deutlich erhöht und die Reinigung mit "Tippy" konnte stark reduziert werden.

Meiner Meinung nach kann deshalb, wie u.a. noch in Ihrem Technischen Datenblatt empfohlen, auf die Schwammreinigung verzichtet werden.

Viele Grüße
ToTo

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